„Be a lady they said“

Ist das der richtige Weg für Feminismus?

Das habe ich mich gefragt, als ich das Video gesehen habe. Tolle Botschaften untermalt mit Bildern von Models, die genau diesen Schönheitsnormen entsprechen. Ist das der richtige Weg?

 

Seit Einführung des Gesetzes der Frauenquote (in Kraft getreten am 1. Januar 2016), aber eigentlich auch schon früher, weil es mich betrifft und beschäftigt, achte ich stark auf Content in jeglicher Form zu diesem Thema, folge Speaker*innen, Blogger*innen und Unternehmer*innen. Interessant dabei ist, dass ich mich eigentlich nie komplett darin wiederfinde oder zu 100 % dahinterstehen kann.

 

Natürlich ziehe ich viele Vergleiche mit meinem Berufsleben: Ich werde dieses Jahr 40, arbeite im Marketing und betreue Kunden in allen Größenordnungen (von mittelständischen Unternehmen über Ministerien bis hin zu Gesellschaften innerhalb eines Konzerns). Sie können sich vorstellen, dass ich da in ca. 15 Jahren Agenturleben „als Frau“ einige Erfahrungen gemacht habe. Positive, aber auch negative. Aber liegt es an meinem Alter bzw. meiner Erfahrung, dass ich immer mehr darauf achte und immer weniger Verständnis dafür habe, wenn Frauen nicht der gleiche Respekt entgegengebracht wird oder Leistungen von Frauen nicht gleich wertgeschätzt werden? Eine meiner wichtigsten Erfahrungen ist, dass Frauen immer erst in Vorleistung gehen müssen und dann kommt die Wertschätzung. Aber mal ganz ehrlich, was verändert die Frauenquote daran? Kann ich mich deshalb in einem „Männer-Unternehmen“ wohlfühlen? Ich möchte mich wohlfühlen, nur wenn ich mich wohlfühle, kann ich auch meine Wirkungsgrade erzielen und mich entfalten.

 

Gutes Gefühl dank Quote?

Gibt es mir ein gutes Gefühl, wenn ich dank einem Gesetz befördert oder eingestellt wurde? Oder möchte ich, dass dies dank meiner Leistung, meinen Fähigkeiten und Kompetenzen erfolgt? Ja, das ist mir wichtig. Auf jedem Weg und in jeder Entwicklungsphase trifft man auf Menschen, Kollegen, Partner, ja sogar Mentoren, die Dir etwas mitgeben. Aber verantwortlich für seine Entwicklung ist man selbst. So sehe ich das Gesetz der Frauenquote als Startschuss für ein Umdenken an, aber nicht als die eine Lösung. Der Wandel muss gestaltet werden und wir, Frauen, müssen den Wandel leben und gestalten, die Fäden in die Hand nehmen und nicht aufgeben. Partner*innen finden und sie überzeugen, damit sie den Weg mitgehen.

 

Ich möchte nochmal betonen, dass ich das Gesetz der Frauenquote begrüße, aber es ist für mich nicht der einzige Weg. Auch sind es für mich nicht die viralen Hypes, wie z. B. „Be a lady they said“ oder „Me-too“, sondern es ist für mich ein Zusammenspiel von vielen Bewegungen, aber sie müssen authentisch sein. Ansonsten werden Klischees aufgerufen und genau das müssen wir vermeiden.

 

Eine große Chance steckt in der digitalen Transformation. Weil die Kompetenzen von Frauen dabei deutlich an Bedeutung gewinnen. Hierzu hatte Robert Franken schon in 2016 einen super interessanten Artikel geschrieben:

 

Die Bedeutung von Diversity und Gender Empathy für die Digitale Transformation

„… Das macht weibliche Mitarbeiter und Führungskräfte zu nichts anderem als zu den Archetypen der Digitalen Transformation. In deren Zentrum nämlich steht die Fähigkeit zu zyklischem Denken und iterativem Vorgehen in Projekten steht. Das gesamte agile Projektmanagement (z. B. Scrum, Kanban) etwa basiert auf einer zyklischen Vorgehensweise, ausgehend vom Kunden- und Anwenderbedürfnis. Beides sind Schlüsselqualifikationen von Frauen …“

 

Wow, ich bin stolz eine Frau zu sein. Aber wie sieht dies in der Realität aus?

 

580.000 mittelständische Firmen in Deutschland werden noch von einer Frau geführt – 100.000 weniger als 2013

 

Nichts kommt von allein, so muss ich die Hand ausstrecken und sagen: Ja, ich will! Und mir die Verantwortung nehmen. Sie kommt nicht von allein.

Und ja, ich bin eine Frau und auch sehr emotional. Aber gerade das sind meine Stärken, wenn man mit Leidenschaft dabei ist.

 

Leider gibt es noch häufig Situationen, in denen ich mich verstecken möchte, mich infrage stelle, ob ich auf dem richtigen Weg bin. Warum? Weil es so unbegreiflich ist, wie zurück manche Unternehmensstrukturen sind, insbesondere im Hinblick auf Frauen. Wo Kommunikation mit Frauen nicht auf Augenhöhe stattfindet. Aber da hilft auch kein Gesetz und auch keine Werbekampagne, hier heißt es umkrempeln oder von Bord gehen.

 

Bitte nicht als Flucht verstehen, sondern als bewusste Entscheidung, sich zu verändern und das richtige Umfeld zu finden.

 

Wichtig ist auch, dass wir Diversität nicht aufzwingen, sondern, dass sie aus einem natürlichen Prozess entspringt. Beurteilen von Menschen nicht nach Geschlecht und Aussehen, sondern nach ihren Fähigkeiten und Kompetenzen, insbesondere auch sozialen Kompetenzen. Und auch hier ist meine Erfahrung und mein Rat: Der Mix macht´s!

 

So bringen wir uns doch alle immer wieder ins Gleichgewicht, unabhängig vom Geschlecht … oder auch nicht, aber am Ende gibt es nichts Größeres als ein buntes Team im perfekten Zusammenspiel.

 

Ich möchte allen Speaker*innen, Blogger*innen, Unternehmer*innen und Kolleg*innen für die tollen Beiträge zu diesem so wichtigen Thema danken und lasst uns den Wandel mitgestalten und als Chance sehen.

 

Be proud to be you!

Marina Fluck

Marina ist Beraterin und Mitglied der Agenturleitung. Neben ihrer intensiven Arbeit mit Kunden und Partnern, versprüht sie in der Agentur gute Laune und französisches Flair.