Marketing in Corona-Zeiten

Die fürsorgliche Marke

Wir sind in der Frühphase dessen, was auf die Menschen in Deutschland und vielen anderen Ländern noch zukommt. Wir stellen uns so langsam ein, auf das #stayhome und richten uns den digitalen Cocoon so gut her wie es geht. Und für die meisten von uns ist es noch nicht vorstellbar, wie lange diese Zeit dauern wird. Welch langen Atem wir brauchen werden.

 

Klar ist, und das zeigt sich in dem Agieren vieler Marken, dass die bisherige Kommunikation sich komplett verändert und verändern muss. Wenn es bislang um den persönlichen Benefit und eine gute Preiswürdigkeit ging, werden diese jetzt bei den Menschen durch die grundlegenden Bedürfnisse nach Sicherheit und sozialen Kontakten ersetzt. Pardoxerweise sind gerade letztere genau das, was jetzt physisch unterbleiben muss. Umso mehr treffen sich die Menschen in digitalen Chats, WhatsApp-Gruppen und nutzen auf Facebook den Sticker „Wir bleiben zuhause“ um ihre Stories zu markieren usw.

 

Prominentes Beispiel ist aktuell z. B. Mercedes-Benz: Die Marke stellt die digitalen und klassischen Kanäle inzwischen in den Dienst der Gemeinschaft und ruft zum Zuhause bleiben auf. Und herausragend ist die Kooperation von McDonalds und Aldi. In deren Filialen unterstützen die Mitarbeiter der Fast-Food-Kette beim Einräumen der Regale, weil sie in den Restaurants aktuell nicht beschäftigt werden können.

Diese starken Bedürfnisse muss eine Marke heute an erster Stelle mit fürsorglicher und empathischer Ansprache erfüllen, wenn sie jetzt relevant sein möchte in ihrer Zielgruppe.

Fürsorge und Empathie

Wie kann eine Marke, ein Unternehmen sich fürsorglich zeigen und das auch glaubhaft sein? Als Unternehmen beginnt dies bei den Mitarbeitern, die mit Schutzmaßnahmen wie Plexiglassscheiben an den Kassen, angepasste Dienstanweisungen im Kundenkontakt oder durch Home-Office-Regelungen unterstützt werden, damit sie möglichst sicher weiter arbeiten können. Denn auch das Sicherstellen des Fortbestehens des Unternehmens und der Arbeitsplätze sind Fürsorgeaufgaben des Unternehmens. Eine Marke kann in vielfältiger Weise aktiv werden. Sie kann Mut machen, Nähe zeigen und wird sich von der reinen Produktkommunikation lösen müssen. An erster Stelle sind Information und Klarheit erforderlich.

Klarheit, Information und Kulanz

In Apps, SoMe-Posts, Newslettern, einer eigens eingerichteten Corona-Landingpage – wenn erforderlich auch vor Ort evtl. in Plakaten – ist Aufklärung und Kontaktaufnahme wichtig. Was müssen die Kunden in Bezug auf meinen Service, mein Angebot wissen? Aktives Community-Management und Aufklärung zum Verlauf aktueller Bestellungen, Lieferterminen, Fahrplanänderungen oder Kulanzregelungen bei Stornierung, Umtausch usw. geben Sicherheit und Hilfestellungen. Schnelle Erklärvideos oder Infografiken fangen Standardfragen ab und entlasten das Beschwerde-Management.

Haltung und Menschlichkeit

Wie eine Marke oder ein Unternehmen jetzt auftritt gibt auch Hinweise auf die Werte, die dahinter stehen. Mit welcher Haltung tritt eine Marke jetzt auf, bzw. hat sie überhaupt eine? Entlarvt werden dabei Unternehmen, wenn sie Prämien anbieten, um Vertriebler zu motivieren, trotz Gesundheitsbedrohung weiter aktiv vor Ort zu verkaufen. Außerordentlich selbstlos gagiert dagegen Lufthansa und stellt Mitarbeiter mit medizinischen Kenntnissen frei, damit diese in Krankenhäusern helfen können.

 

Und es macht dem Kunden auch mit einem Schlag deutlich: Das sind echte Menschen, die mein Regal, das ich online bestellt habe, herstellen, die meinen Zug oder mein Flugzeug führen oder die mir täglich gegenüber an der Kasse sitzen. Im Umgang mit diesen Themen können Entscheider und Marketer jetzt nachhaltig die Imagedimensionen einer Marke beeinflussen.

 

Mit der Zeit antizipieren die Menschen zunehmend diese Krise und es wird sich sogar so etwas wie ein „gewohnter“ Umgang mit der Ausnahmesituation einstellen. Wir werden uns ablenken wollen nach täglich sich dramatisierenden Zahlen und Fakten. Auch um in dieser häuslichen Isolation psychisch gesund zu bleiben. Digitale Services, Hilfestellungen und Unterhaltungsangebote werden sich schnell weiterentwickeln.

Optimismus und digitale Nähe

Formate, in denen eine Marke Nähe und auch Unterhaltung anbieten kann sind Reportagen von Mitarbeitern vor Ort, Magazinbeiträge, Podcasts und Interviews, Lernangebote oder digitale Spiele. In dem häuslichen Cocoon sind die digitalen Kanäle die Nabelschnur zu den Menschen. Offline-Kanäle sind nahezu abgemeldet. Wichtig für die akute Krisenphase wird es für Kanäle der Behörden sein, die Motivation und den Optimismus der Bevölkerung hoch zu halten in den nächsten Wochen. Mitmachaktionen, Liveansprachen sind jetzt schon alltäglicher Standard und werden sich noch intensivieren.

 

Wenn wir aus der Krise heraustreten, sind der richtige Zeitpunkt und eine authetischen Ansprache wichtig, wenn die Marke wieder mit den eigentlichen Angeboten auf die Kunden zugehen.

Angebote jetzt neu erfinden

Es ist nicht die Frage, ob wir aus der Krise heraustreten, sondern wann das passiert. An den eigenen Angebote kann jedes Unternehmen jetzt schon arbeiten und viele tun es bereits. Und eine Marke sollte jetzt nicht einfach weg sein, abtauchen. Die Zukunft für alle Anbieter entscheidet sich schon heute.

 

Während der Einzelhandel und gastronomische Anbieter alternative Kanäle und Heimlieferungen zu etablieren suchen sind große Unternehmen dabei sich neu zu erfinden. Im Bildungsbereich suchen Anbieter u.a. nach Lösungen für digitale Schulungsplattformen wenn sie diese bislang nich hatten. Fernsehsender ändern ihre Programm zu diesen Zwecken. Auch bei bereits bestehenden Digitalservice bieten sich jetzt Kennlernangebote über Gutschein-Codes an. Wer seine Kunden jetzt findet und bindet kommt nachher schneller wieder in Tritt. Streamingdienste sind jetzt sicher die ersten Gewinner dieser Entwicklungen.

Authentizität und Transparenz „nach“ Corona

Ist klassische Werbung „nach“ Corona eigentlich noch möglich? Bleibt Luxus ein erfolgreiches Geschäftsmodell? Werden wir wieder Museen vor Ort besuchen? Oder werden wir Menschen uns auf die „wirklich wichtigen“ Dinge im Leben konzentrieren, also Gesundheit, Familie, Liebe? Ein Blick in die Geschichte lehrt uns, dass sich auch nach solch einer Pandemie wieder die gesamte Vielzahl individueller Bedürfnisse ausbilden werden wie zuvor. Wie schnell, dass lässt sich nur erahnen. Wenn die Kommunikation sich beim langsamen Herantasten an einen Normalzustand noch stark an diesen Werten orientiert; dabei authentisch bleibt und transparent, macht sie sicher einiges richtig.